Niederrheinische IHK
Neue Räume für Entwicklung.
Dr. Stefan Dietzfelbinger
Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK
Mitten im Zentrum Duisburgs unterstützt die Niederrheinische IHK mit Ihren Angeboten und Dienstleistungen die Unternehmen der Region. Der Wandel der Arbeitswelt steht dabei ganz vorne auf der Agenda und fordert anspruchsvolle Lösungen – ablesbar auch in der Umsetzung einer neuen Raumplanung von aib für die IHK.
Herr Dr. Dietzfelbinger, wie hat sich die Rolle der IHK mit den unterschiedlichen gesellschaftlichen Entwicklungen in den letzten Jahren verändert?
Die IHK ist eine Interessenvertretung von Unternehmen. Als Servicepartner unterstützen wir den unternehmerischen Alltag unserer Mitglieder und übernehmen die duale Berufsausbildung. Da wir dieses Aufgabenspektrum gemeinsam mit den Unternehmen organisieren, erhalten wir regelmäßigen Response aus der Wirtschaft. Wir haben den Eindruck, dass es mittlerweile mehr kleinere Unternehmen gibt, die teilweise als „Einzelkämpfer“ arbeiten. Die haben natürlich andere Bedürfnisse als ein Konzern mit tausend Mitarbeitern.
Wie kommen Sie diesen Bedürfnissen entgegen?
Der wirtschaftliche Wandel spiegelt sich in den von uns angebotenen Dienstleistungen. Diese sind stärker an den Anforderungen des Mittelstandes bis hin zu denjenigen von Kleinstunternehmen orientiert. Wir laden alle Unternehmen ein, an unseren Angeboten teilzunehmen, um zu erfahren, wo gerade „der Schuh drückt“. Außerdem haben sich die Kommunikationsformen verändert. Seit der Pandemie bieten wir auch verstärkt Online-Formate an. Unser großes Angebot an Weiterbildungsmaßnahmen wird nun zu einem Drittel digital umgesetzt. Die Prüfungen von Azubis erfolgen jetzt ebenfalls teilweise digital. Unser Ziel ist es, dass in Zukunft diese Prüfungen jederzeit im digitalen geschützten Raum und jeweils individualisiert stattfinden können.
Hat dieser Wandel auch Auswirkungen auf ihre eigene Arbeitsstruktur?
Seitens unserer Mitglieder gibt es die Erwartung, dass wir als Institution mit den gesellschaftlichen Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt mitgehen. Wie in der Wirtschaft spielen bei uns auch Themen wie agiles Arbeiten und Desksharing eine wichtige Rolle, so dass aus Einzelbüros gemeinschaftlich genutzte Arbeitsumgebungen entstanden sind. Auch die Digitalisierung von Serviceleistungen rund um die Berufsausbildung wird immer wichtiger. Digitale Prozesse haben dann immer auch Folgen für die interne Organisation, indem zum Beispiel bestimmte Abläufe stärker standardisiert werden. Im Rahmen unserer Möglichkeiten bleiben wir nah an den allgemeinen Entwicklungen der Arbeitswelt. Unsere Gremien und auch unser eigener Ehrgeiz befördern, dass wir uns konstant verändern.
Welche Herausforderungen sehen Sie denn für Ihren Bereich in den kommenden Jahren?
Die Rekrutierung von Fachkräften ist eines der wichtigsten Themen für unsere Mitglieder und auch für uns selbst. Heute haben Mitarbeiter gewandelte Ansprüche an die Arbeit, was für viele Unternehmer nicht immer einfach ist. Eine weitere Herausforderung ist das Thema der zunehmenden Digitalisierung und die Einbindung in unsere Arbeitsprozesse. Diese Punkte betreffen auch die Gestaltung der Arbeitsumgebung und die Büroausstattung. Konkret wird zum Beispiel Desksharing immer noch diskutiert, weil viele ihren persönlichen Arbeitsplatz ungern aufgeben möchten. Das ist ein Kulturwandel, der uns ganz gut gelingt, aber das hat viel mit Akzeptanz zu tun.
Gibt es nach der Pandemie eine Rückkehr ins Büro oder spielt das Thema Homeoffice noch eine große Rolle?
Wir bieten den Mitarbeitern mittlerweile 40 Prozent mobiles Arbeiten im Monat an. Die Anwesenheit im Büro wird bei uns innerhalb der Teams entschieden. Das steht natürlich alles unter der Prämisse, dass wir leistungsfähig bleiben. Mein Eindruck ist, dass sich das in der Wirtschaft ähnlich abbildet. Beim Thema Homeoffice beobachte ich zurzeit eher einen Rollback-Effekt. Man kommt zwar nicht mehr um das Homeoffice herum, aber für die Bindung an das Unternehmen sollten die Mitarbeiter auch gemeinsam vor Ort arbeiten. Es gibt hier eine Gratwanderung, die sich von Branche zu Branche unterschiedlich darstellt. Das Verhältnis 40:60 für mobiles und Präsenzarbeiten halte ich für sinnvoll. Unternehmen können zudem beispielsweise Social Events als Mehrwert und zur Bindung der Mitarbeiter anbieten.
Wie haben sich die Ansprüche der Mitarbeiter verändert?
Was mir auffällt, ist, dass Mitarbeiter immer häufiger klar strukturierte Arbeitszeiten haben möchten. Eine gewisse Flexibilität muss aber möglich sein, um Prozesse am Laufen zu halten. Auch sollte in bestimmten Situationen eine gemeinsame Präsenz im Büro erwartet werden können.
Sie haben 2018 gemeinsam mit aib die bestehenden Schulungsräume grundlegend saniert. Welche Anforderungen gab es dabei und wie hat sich das damals neu realisierte räumliche Konzept bewährt?
Das Bestandsgebäude war technisch und räumlich überholt. Der Vorteil war, dass die Struktur entkernt werden konnte, so dass wir eine verhältnismäßig große Freiheit bei der inneren Neugestaltung hatten. Unser Anliegen war es, eine moderne und funktionale Umgebung für die Weiterbildung zu schaffen. Bei unseren Veranstaltungen gibt es in der Regel zwischen zehn und 20 Teilnehmer, für die Schulungsräume mit einer modernen technischen und gestalterischen Ausstattung geplant werden sollten. Für die Atmosphäre waren uns helle Farbtöne wichtig. Die Räumlichkeiten sollten nicht nur funktional erscheinen, sondern auch eine gewisse Wärme und Verbindlichkeit ausstrahlen. Man kann sagen, dass sich das gemeinsam mit aib entwickelte Konzept nach den bisherigen Erfahrungen sehr bewährt hat und zukunftsfähig ist.
Die grundlegende Idee hinter dem Konzept ist, dass erfolgreiche Bildung nur in einem anregenden Umfeld stattfinden kann. Würden Sie bestätigen, dass Bildung in einem inspirierenden Ambiente erfolgreicher ist?
Dafür spielen natürlich auch Aspekte wie eine hohe Funktionalität und eine optimale Raumnutzung eine Rolle. Das Umfeld sollte auch eine gewisse Robustheit und zusätzliche Angebote wie eine Teeküche haben. Bei unseren Schulungsräumen ist es in meinen Augen gut gelungen, diese Voraussetzungen mit einer heimeligen Atmosphäre und einer hochwertigen Ausstattung zu verbinden. Bei der Gestaltung solcher Räume besteht ja immer eine Gratwanderung zwischen Praktikabilität, Effizienz und Wohlfühlen. Es gibt ein sehr effizientes Monitoring der Qualität unserer Schulungsmaßnahmen. Hier ist eine deutliche Steigerung der Zufriedenheit festzustellen.
Hat sich die Form der Weiterbildung in den letzten Jahren verändert?
Auch dabei haben sich mittlerweile Mischformen von Präsenz- und Digitalschulungen herausgebildet. Es gibt Ausbildungen, die dauern drei bis vier Jahre bei regelmäßiger wöchentlicher Teilnahme. 25 bis 30 Prozent der Schulungszeit werden heute digital abgewickelt. Es ist eine Erleichterung, von zuhause aus teilzunehmen, aber viele möchten auch vor Ort zusammenkommen, um sich hier zu sehen und auszutauschen. Ansonsten lassen sich kurze Inhalte auch über rein digitale Webinare durchführen. Unsere Raumsituation hat sich damit insoweit verändert, dass wir jetzt auch Videoequipment verfügbar haben. Außerdem wurde ein Raum zu einem Multimedia-Raum mit moderner Beleuchtungs- und Kameratechnik umgebaut, damit wir professionelles Filmmaterial produzieren können.
Wie wichtig war Ihnen der Aspekt der Nachhaltigkeit bei der Sanierung der Schulungsräume? Und welchen Stellenwert hat dieses Thema für Ihre Arbeit.
Unternehmer agieren ja schon deshalb nachhaltig, weil sie an langfristigen Lösungen interessiert sind. Das gilt erst recht für eine IHK, die für ihre Arbeit Mitgliedsbeiträge verwendet. Statt eines Neubaus haben wir bei der Neugestaltung unserer Schulungsräume mit aib daher die Sanierung des Bestandes bevorzugt. Auch die Haltbarkeit der Einrichtung bei sich ändernden Bedarfen spielte bei der Planung eine große Rolle. Mobiliar und Ausstattung sollen sehr lange Bestand haben – sowohl funktional als auch gestalterisch. Unser Gebäude repräsentiert gewissermaßen auch die Wirtschaft. Daher soll die Gestaltung solide, verlässlich und selbstbewusst sein. Bei der Heizungs- und Klimatechnik ging aufgrund unseres Standortes leider nicht alles, was wir uns gewünscht hätten. Im Sinne einer langfristigen Perspektive ist aber sowohl die bauliche Struktur als auch die Ausstattung sehr nachhaltig.
Haben Sie das Gefühl, dass sich die Ansprüche an Repräsentation verändert haben?
Für international tätige Konzerne bleibt die Architektur Ausdruck ihres Stellenwerts. Große Firmen haben in meinen Augen nach wie vor einen hohen repräsentativen Anspruch. Mittelständische Unternehmen denken oftmals eher funktional. Als IHK müssen wir in dieser Hinsicht abwägen, was angemessen ist. Unser Gebäude wurde 1953 an zentraler Stelle errichtet, als Duisburg noch zu den wohlhabendsten Städten in Deutschland gehörte. Die Stahl- und Kohleunternehmen wollten damals mit der Architektur ihre wirtschaftliche Stärke zeigen. Entsprechend selbstbewusst ist das Gebäude gestaltet, mit über zwei Stockwerke reichenden Kolonnaden und einem großen Treppenhaus. Es gab schon Empfehlungen, den Standort an die Peripherie zu verlegen. Für mich gehört die Wirtschaft der Region aber ins Zentrum und sollte innerhalb der Stadtgesellschaft präsent sein.